Bildnachweis: Firmengruppe Max Bögl; Deutsche Bahn AG

2. S-Bahn-Stammstrecke München:

Hauptbahnhof als Dreh- und Angelpunkt des Großprojekts

2. S-Bahn-Stammstrecke München:

Hauptbahnhof als Dreh- und Angelpunkt des Großprojekts

Zur Entlastung der Infrastruktur wird in München derzeit eine zweite S-Bahn-Stammstrecke gebaut, die zwischen den Haltestellen Laim und Leuchtenbergring sowohl über- als auch unterirdisch verlaufen wird. Das Projekt wird in einer ARGE, gemeinsam mit den Partnern Wayss & Freytag, ZÜBLIN und Bauer Spezialtiefbau, ausgeführt. Kernstück dieser neuen West-Ost-Verbindung sind zwei rund 7 Kilometer lange Tunnel zwischen dem Haupt- und dem Ostbahnhof, durch die jeweils ein S-Bahn-Gleis geführt wird.

Das Bauvorhaben beinhaltet zudem den Um- bzw. Ausbau der oberirdischen Stationen Laim und Leuchtenbergring sowie den Neubau von drei unterirdischen Stationen am Hauptbahnhof, Marienhof und am Ostbahnhof. Dreh- und Angelpunkt ist die neue Station am Hauptbahnhof, von welcher aus die Tunnelvortriebe Richtung Marienhof erfolgen werden.

42 Meter in die Tiefe

Der Haltepunkt Hauptbahnhof wird aus einer bergmännischen Tunnelanlage in Ost-/Westrichtung unterhalb der Gleishalle und über einen vertikalen Schacht in offener Bauweise erstellt. Die Baugrube, die dafür geschaffen wird, reicht 42 Meter tief und stellt damit eine Besonderheit in der Geschichte der Münchner Infrastruktur dar.
„Beim Bau der neuen Stammstrecke leisten wir quasi Pionierarbeit und dringen in Tiefen vor, wie noch niemand zuvor in München. Wir bewegen uns in den geologischen Schichten des tertiären Erdzeitalters – einer Warmzeit, in der die Saurier gerade mal ausgestorben waren und die Alpen anfingen sich aufzutürmen. Für mich als Geologin stellt dieser Untergrund in Kombination mit den komplexen Bautätigkeiten, die dort ausgeführt werden müssen, eine spannende Herausforderung dar!“
(Natascha Buschle, Geotechnische Fachbauleitung)
Die Erschließung des Haltepunkts Hauptbahnhof an die Oberfläche wird mittels Fahrtreppen- und Aufzugsanlagen über den „Zentralen Aufgang“ mit östlicher Erweiterung in die Schalterhalle des Empfangsgebäudes München Hauptbahnhof vorgenommen. Der Übergang zum bestehenden U-Bahnhof U1/U2 erfolgt von der östlichen Erweiterung aus über je einen Anschluss an die Verteilerebene U1/U2 bzw. das Sperrengeschoss U1/U2.

Logistische Herausforderung durch beengte Platzverhältnisse

Aufgrund seiner Funktion als zentraler Verkehrsknotenpunkt stellt der Münchner Hauptbahnhof eine logistische Herausforderung für das Projekt dar. Sowohl der S-Bahn-Betrieb als auch der Verkehr rund um diesen Haltepunkt kann nicht ausgesetzt werden, was dazu führt, dass zahlreiche Baumaßnahmen unter laufendem Betrieb ausgeführt werden.
Zu Spitzenzeiten wird der Aushub der Baugrube mit 70 LKW pro Tag vom Baufeld in den Münchner Westen abgefahren. Gleichzeitig erfolgt die Belieferung des Ingenieurbaus mit Bewehrung, Schalung und sonstigen Materialien. Um größere Betonagen unabhängig vom Verkehr vornehmen zu können, wurde am Hauptbahnhof eigens eine Mischanlage errichtet, die das Baufeld „Zentraler Aufgang“ über eine Pumpleitung mit Beton beliefert.
„Das Baufeld Zentraler Aufgang ist in vielerlei Hinsicht eine spannende und herausfordernde Baustelle. Da es sich am innerstädtischen Knotenpunkt Hauptbahnhof München befindet, an dem sich zahlreiche Trambahnen und Busse, Taxis, Fußgänger, Radfahrer, Autos und der Lieferverkehr bündeln, stellt die Logistik eine große Herausforderung dar. Aus diesem Grund sind eine enge Abstimmung aller Beteiligten und eine gründliche Planung unerlässlich.“
(Laura Balducci, Bauleitung Zentraler Aufgang Hauptbahnhof)

Anschluss an Bestandsbauwerke erfordert hohe Sorgfalt

Die Baugrube grenzt zudem unmittelbar an bereits bestehende, sensible Infrastruktur an, wie z. B. den U1/U2-Haltepunkt des Hauptbahnhofs. An dessen Bestandsschlitzwand aus den 70er Jahren werden die neuen Decken angeschlossen, weshalb Abbruch- und Aushubarbeiten mit besonderer Sorgfalt erfolgen müssen.
Um die neue Belastung auf das alte Bauwerk so gering wie möglich zu halten, werden in jeder Ebene hydraulische Pressensysteme eingebaut. Außerdem werden um das Baufeld herum Bestandsgebäude abgebrochen. Der Abstand zum neuen Ingenieurbauwerk beträgt hier teilweise nur 1,5 m.
„Die Komplexität der Bauleistungen – darunter Spezialtiefbau, Ingenieurbau, Stahlbau, Wasserhaltung und Geotechnik – ist beeindruckend, insbesondere wenn man die beengten Verhältnisse rund um den Hauptbahnhof München berücksichtigt. Dank der Fertigungstiefe der Firmengruppe Max Bögl können wir trotz dieser schwierigen Umstände in fast allen Gewerken wesentliche Beiträge zum Erfolg der Maßnahme leisten.“
(Mathias Mondel, Bereichsleiter Tunnelbau)

Einsatz von Prüfsystemen zur sicheren Bauabwicklung

Um die Auswirkungen der Bautätigkeiten, Verformungen und die Wasserhaltung kontrollieren zu können, wurde ein automatisches Geomonitoringsystem installiert sowie ein detaillierter Alarmplan für den Fall von Schwellenwertüberschreitungen erstellt.

Die knapp 50 Brunnen und 15 Grundwassermessstellen, die im Rahmen der Wasserhaltung innerhalb und außerhalb der Baugrube hergestellt wurden, werden über eine Onlineplattform in Echtzeit überwacht.

Der in Ebenen erfolgende Aushub bis in ca. 42 Tiefe wird geotechnisch begleitet und dokumentiert.

Einsatz von Prüfsystemen zur sicheren Bauabwicklung

Martin Holfelder, Vorstand Infrastruktur der Firmengruppe Max Bögl, zeigt sich begeistert über die Leistungen, die das gesamte Team vor Ort erbringt.
„Bauingenieurwesen ist eine der spannendsten und vielseitigsten Disziplinen – Personen, die sie ausüben, schaffen einen Mehrwert für die Gesellschaft, verbinden durch ihren Beitrag zur Infrastruktur Menschen und tragen mit der Wahl nachhaltiger Bauweisen wesentlich zum Schutz unseres Klimas bei. Ich freue mich, dass sich auch immer mehr Frauen für diesen Beruf entscheiden und unser Unternehmen mit ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten bereichern. Unseren beiden Bauleiterinnen und dem gesamten Team der 2. Stammstrecke München wünsche ich weiterhin gutes und sicheres Arbeiten bei diesem Jahrhundertprojekt!“
(Martin Holfelder, Vorstand Infrastruktur)
Bildnachweis: Firmengruppe Max Bögl; Deutsche Bahn AG

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